Trüffelsuche

Trüffelsuche – Naturschutzgesetz als Spaßbremse?

In Deutschland wachsen sie, die kulinarisch wertvollen schwarzen Knollen, kurz Trüffeln genannt. Und manche Arten sind richtig häufig, so auch die essbare Sommer- bzw. Burgundertrüffel (Tuber aestivum / Tuber uncinatum).

Eine Hirschtrüffel (Elaphomyces ) schmeckt vor allem den Wildschweinen (Bild Ch. Hahn)

Der große Vorteil für den kulinarisch interessierten Sammler: man kann fast nichts falsch machen. Schwarze, außen feldrige Knollen mit braun-weiß marmoriertem Fleisch sind essbar. Man muss keine problematischen Doppelgänger erlernen, man muss eigentlich nur sehr wenig über Pilze wissen, um mit der Trüffelnutzung zu beginnen. Also ideal für den zukünftigen Trüffelfreund. Vergiftungsgefahr? Nein, solange man die oben genannte Merkmalskombination beachtet.

Gut, Steinpilzsammeln erlernt man ähnlich leicht, dennoch gibt es einige Röhrlingsarten, darunter auch giftige. Ich selbst habe einmal eine Satanspilzvergiftung als Pilzberater betreut. Der offen in einer Wiese unter Eiche wachsende Satanspilz war so vom Sonnenlicht ausgebleicht, dass die Rottöne kaum erkennbar waren. Das Fleisch war fast weiß, blaute aber sehr schwach. Wie auch immer, man muss Erfahrung sammeln, Merkmale interpretieren können und hat dann viel Sammelkonkurrenz – selbst bzw. gerade beim Steinpilz. Also erlernt man auch den Maronenröhrling und weitere Arten, beginnt – wie so viele – mykophagisch die Pilzsuche und -liebe und man bleibt möglicherweise bei dem Hobby hängen, arbeitete sich weiter ein, erlernt weitere Arten – wir alle kennen wohl diesen „Werdegang“.

Bei den Trüffeln ist es (im Moment) anders. Sie sind sehr häufig, sehr schmackhaft und nebenbei bemerkt auch noch sehr teuer, aber man muss praktisch nichts über Pilze wissen, braucht kaum Erfahrung. Also auf sie mit Gebrüll! Nein, eher mit Gebell. Denn wie ja allgemein bekannt ist, wachsen Trüffeln unterirdisch, sind also sehr schwer zu finden. Mit einer guten Nase, wie sie Hunde besitzen, sind sie aber leicht aufzuspüren.

Lieber Helfer mit feiner Nase: Lagotto Romabno (Bild: Choxyltd, Pixabay)

Die Folge: Trüffelhundausbildungen werden angeboten. Der Hundefreund erlernt ein neues Hobby – Trüffelsuche. Man hat Freude mit seinem Hund, bringt ihm das Trüffelsuchen bei und wird regelmäßig durch die ausgegrabenen Knollen belohnt. Die Pasta wird aufgewertet oder der Geldbeutel, da man die teuren Knollen ja auch lukrativ verkaufen könnte. Und man muss wie gesagt sehr wenig Wissen dafür aufbauen. Die Kurse sind heiß begehrt und ehemalige Kursbesucher können auch selbst ausbilden – ein Schneeballsystem?

Für die Trüffelfreunde gibt es aber (zum Glück) eine kleine Spaßbremse. Die Bundesartenschutzverordnung! à http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bartschv_2005/gesamt.pdf

Ich zitiere:

„§ 1 Besonders geschützte und streng geschützte Tier- und Pflanzenarten

Die in Anlage 1 Spalte 2 mit einem Kreuz (+) bezeichneten Tier- und Pflanzenarten werden unter besonderen Schutz gestellt. Die in Anlage 1 Spalte 3 mit einem Kreuz (+) bezeichneten Tier- und Pflanzenarten werden unter strengen Schutz gestellt.“

Man muss dabei wissen, dass Pilze juristisch Pflanzen sind. Und die Anlage 1 listet „Tuber spp. Trüffel – alle heimischen Arten“ als besonders geschützte Arten aus. Es besteht also in Deutschland für die gesamte Gattung ein Sammelverbot. Zuwiderhandlungen sind Ordnungswidrigkeiten, was zu teils empfindlichen Geldstrafen führen kann.

Viele Trüffelfreunde fragen sich, warum dem so ist. Warum sollte man so häufige Arten schützen? Es wird oftmals Kritik an der Verordnung laut, die Kompetenz der gesetzgebenden Organe wird bezweifelt und eine Streichung der Trüffeln aus dem Anhang 2 der Artenschutzverordnung wird verlangt.

Vielleicht sollte man sich in dem Zusammenhang fragen, warum auch der ebenfalls sehr häufige Steinpilz denselben Schutzstatus genießt. Häufigkeit ist also offensichtlich nicht das entscheidende Kriterium, direkte Gefährdung auch nicht. Sonst würde der Anhang anhand der Roten Liste erstellt werden. Doch worum geht es bei der Verordnung? Es soll verhindert werden, dass heimische Arten (skrupellos) kommerziell genutzt oder auch privat übernutzt werden und man ihnen dafür nachstellt! Ein prominentes Beispiel ist das Weißmoos (Leucobryum), das für Krippen teils maßlos gesammelt wurde und dadurch sogar im Bestand zurückging. Natürlich trifft das Sammelverbot für Weißmoos auch diejenigen, die einmal in zehn Jahren ein Polster mitgenommen haben. Das Weißmoos wird so aber vor den kommerziell interessierten Sammlern geschützt und damit indirekt auch die schützenswerten Sandkiefernwälder (Leucobryo-Pinetum), in denen dieses Moos als deren Charakterart gehäuft auftritt.

Beim Steinpilz wurde, um die nichtkommerzielle Sammeltradition weiterhin zu ermöglichen, die private Nutzung in ortsüblichen Mengen als Ausnahme gestattet. Bei Trüffeln gibt es diese Tradition nicht, also auch keine Ausnahmeregelung!

In Gesprächen mit „Trüffelfreunden“ wird mir immer wieder das Argument entgegengebracht, dass es niemandem weh täte, wenn ein paar wenige Hundebesitzer ab und an die Knollen ausgraben. Das Gesetz kriminalisiere Naturfreunde, die für ihre Hunde einfach eine „nette Beschäftigung“ suchen.

Natürlich schadet es weder dem Trüffelbestand noch den heimischen Wäldern, wenn der eine oder andere Bello den einen oder anderen Trüffel ausgräbt. Doch was wäre, wenn die Trüffeln nicht mehr geschützt wären? Plakative Werbesätze wie „Millionen verrotten in unseren Böden“ könnten ernst genommen werden. 10 kg Sommertrüffeln erbringen im Verkauf ca. 2.500 € (auf dem Viktualienmarkt werden sie dann für 2.500 € pro kg verkauft). Der Anreiz, die Trüffeln kommerziell zu nutzen, ist also immens. Die Käufer, beispielsweise Restaurants auf dem „inoffiziellen Dienstweg“, müssen keine Sorgen haben, da es ja keine giftigen Doppelgänger gibt.

Die Folge: statt Goldsuche Trüffelsuche. Das „schwarze Gold“ lockt! Ich möchte aber nicht durch völlig umgegrabene Eichenbestände spazieren, weil kurz vorher Trüffelsucher am Werk waren. Denn ohne Hund geht’s ja auch. Spaten, ein großes Sieb und los geht’s mit der Trüffelernte. Die guten ins Töpfchen, die schlechten werden weggeworfen.

Ein Vergleich mit Italien und Spanien: hier sind die Wälder, in denen Trüffeln (und andere teure Speisepilze wachsen) meist eingezäunt – warum wohl? Wer schwarz sammelt, kann sich sogar eine Schrotladung im Hintern abholen. Da ist mir die Offenheit heimischer Wälder lieber. Jeder kann und darf hier die Wälder privat nutzen, als Spaziergelände, zum Beerensammeln und Pilzesuchen, auch zum Gassigehen mit dem geliebten Bello. Kommerziell wertvolle Arten werden dafür geschützt, damit es genau dabei bleiben kann und es bei uns nicht zu Zäunen kommen muss und damit nicht eingezäunte Eichenbestände nicht regelmäßig von den „Goldsuchern“ umgegraben werden.

Kurz gesagt: Schutz kommerziell bedeutsamer Wildarten ist Habitatschutz!

Ich plädiere daher dafür, die Artenschutzverordnung ernst zu nehmen und deren Sinn und Zweck zu erkennen – den Schutz heimischer Arten vor kommerziellem und privatem Übernutzen. Die Kehrseite: Trüffeln müssen gekauft werden und nicht gesammelt. Und für Hunde gibt es noch andere spannende Möglichkeiten. So z. B. Agility, Fährtengehen etc. Muss es denn unbedingt das Ausgraben der heimischen Trüffeln sein?

In diesem Sinn,

Christoph Hahn,
selbst Hundefreund und -besitzer, aber meine Hündin „Tapsie“ hat keinen Trüffelkurs genossen, ist also nicht trüffelausgebildet.

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