Tagung der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft 2022 im Haus im Moos

Schon für 2020 geplant, aber Corona-halber verschoben, führte uns die Tagung der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft 2022 ins Donaumoos, ins Land der Torfstecher. Genau genommen war die Tagungsstätte auf Anregung von Cornelia Euringer-Klose „das Haus im Moos“ und von dort aus führten uns an drei Tagen Exkursionen in verschiedenste Naturschutzgebiete. 44 Mykologen* (*und hier sind alle gemeint: männlich, weiblich, divers, nur der besseren Lesbarkeit wegen wird hier und auch im Nachfolgenden auf weiteres Gendern verzichtet) aus dem In- und Ausland hatten die Wahl zwischen verschiedenen Auwäldern und Magerwiesen und mussten sich entscheiden, ob sie lieber in Wacholderheiden oder Orchideen-Buchenwälder gehen wollten, besser auf gut befestigten Wegen bequem in der Ebene flanieren, den Berg am Steilhang hinaufkraxeln

Foto: Dollnstein (2)

oder doch in Gummistiefeln im Sumpf stapfen wollten. Ob dann kalkhaltiger Boden oder saure Moore unser Begehren stillte, das Haus im Moos war Ausgangspunkt für verschiedenste Exkursionen. Dementsprechend war auch unsere Ausbeute umfangreich und abwechslungsreich. Der Bus stand morgens vor der Türe und holte uns zum vereinbarten Termin auch wieder ab und brachte uns zurück. Nachdem mittags jeder selbst entscheiden konnte, was er machen wollte, war der Nachmittag und auch der Abend für Bestimmungsarbeit am Mikroskop oder für mykologische Fachgespräche mit den Kollegen geplant.

Gegen 17:00 h fanden dann jeweils Fundbesprechungen bei den ausgelegten und vorher bestimmten Pilzen statt. Besonderheiten, wie z. B. Hygrophoropsis albida, Phlebia centrifuga oder Hygrocybe spadicea wurden erläutert und – wichtig für die Pilzberatung – die gefundenen Pilze wie z.B. Lepiota subincarnata, Lepiota grangei, Lepiota griseovirens oder Agaricus augustus auch in Bezug auf giftige Inhaltsstoffe, Verwechslungsmöglichkeiten und Standortansprüche besprochen. Christoph Hahn übernahm diesen Teil der Pilzbesprechung. Im Anschluss daran erläuterte noch Stefan Zinke ausgewählte Pilze und Werner Jurkeit brachte uns die Täublinge näher.

Finkenstein (1)

Von großem Vorteil war, dass die Pilze je Exkursionsgebiet auf einem gesonderten Tisch ausgestellt waren. So konnte man eine „Pilzgemeinschaft“ sehen, wie sie draußen wächst. Davon profitierten dann auch externe Besucher dieser öffentlichen Pilzausstellung. Jedoch nicht nur anlässlich dieser Fundbesprechungen waren die Spezialisten vor Ort ansprechbar. Erfreulich hervorheben lässt sich,

dass jeder, nicht nur die Vortragenden, bereit war, einem Fragesteller bei der Bestimmung oder sonstigen Problemen zu helfen. Interessierte Anfänger wie auch fortgeschrittenste Spezialisten kamen durch den informellen interdisziplinären Austausch auf ihre Kosten.

Ditte Bandini wie auch Helmut Zitzmann bestimmten Rißpilze. Josef Christan kümmerte sich um die Ramarien. Norbert Arnold beschäftigte sich mit Cortinarien und Enno Tomschke mikroskopierte gerne die Entolomas. Günter Groß brachte eine Porlings-Ausstellung mit. Und mit Inge Rößl fand sich dann auch eine Ascomyceten-Spezialistin ein.

Fistulina hepatica (2)

Rudi Markones war als Allrounder ein gern gefragter Ansprechpartner, vorsorglich hatte er kein Mikroskop dabei, er hätte auch keine Zeit zum Mikroskopieren gehabt. Regelmäßig traf sich bei Werner Jurkeit eine Runde Russula-Interessierter, die bei der Bestimmung zuschauten, sich erklären ließen, warum das jetzt genau dieser Täubling war und wie man ihn dingfest machen konnte. Und manchmal fand sich eine Runde um Christoph Hahns Bildschirm, den dieser an sein Mikroskop angeschlossen hatte. Die großzügigen Arbeitsräume ließen das zu.

Lepiota erminea (1)

Das Abendessen war ebenfalls zur freien Verfügung und so konnte die Zeit am Mikroskop optimal genutzt werden, der Pizza-Lieferservice machte es möglich. Für diejenigen, die dann doch lieber die bodenständige Küche oder fremdländische Spezialitäten probieren und womöglich den Abend in geselliger Runde ausklingen lassen wollten, bot das nahe Karlshuld verschiedene Möglichkeiten. Ob Pizza, Gyros, asiatisch oder doch Donau-Moos-Küche, es war alles vertreten, wir hatten die Qual der Wahl und mussten uns nicht einschränken.

Am Samstag fand dann als Novum ein ganzer Tag mit Fachvorträgen und Fortbildung für die Pilzberater statt. So stellte Rudi Markones Pilze aus dem Raum Würzburg vor, gab Stefan Zinke

einen Überblick über Tintlinge, erklärte uns Christoph Hahn die Gattung Paxillus in Europa, Johann Rödel-Krainz zeigte seine Art der Pilzbestimmung am Computer und Werner Jurkeit führte uns in die Welt der Täublinge. Werner gab uns anlässlich der bevorstehenden Veröffentlichung seines Buches Einblicke, die auch mich dazu animierten, es doch auch einmal mit der Gattung Russula zu versuchen und etwas tiefer einzusteigen. Am Nachmittag fand noch die Fortbildung für die Pilzberater statt.

Erst als alle Vorträge und Fortbildungen absolviert waren, gab es für diesen Tag die begehrten Unterschriften für die Fortbildungs-Punkte. Für die anderen Tage bestätigte der jeweilige Exkursionsleiter die Teilnahme am Vormittag und Christoph Hahn die Teilnahme an der Pilzbesprechung am Nachmittag. Die Fortbildungs-Punkte sind notwendig für die Verlängerung des Ausweises zum Pilzberater (BMG). Auch die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) erkannte diese Tagung als Fortbildungsveranstaltung an und die Punkte zählen damit auch mit zur Verlängerung des Pilzsachverständigen-Ausweises der DGfM. Doch so einfach gab es diese Punkte nicht, manchmal erforderte es schon Ganz-Körper-Einsatz, um dem gewünschten Objekt der Begierde nahe zu kommen.

Bei der Arbeit (3)

Und der Spruch, es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung, bewahrheitete sich am Sonntag. Im Naturschutzgebiet Kreut schüttete es aus Kübeln und ich musste mich erst einmal komplett umziehen, bevor es zum Essen ging. Dafür wurden wir mit besonderen Pilzen wie Cortinarius bulliaridii, Russula decipiens oder Hygrophorus persoonii belohnt.

Am Sonntag fanden wir uns dann alle zusammen, um gemeinsam zu Abend zu essen, bevor am Montag nach Wahl in ausgewählte Exkursionsgebiete gefahren werden konnte. Ein schöner Abschluss für eine rundum gelungene Tagung. Vielen Dank an Cornelia Euringer-Klose, die uns mit Rat und Tat zur Seite stand. Sie hat uns mit ihren Vor-Ort-Kenntnissen gerne geholfen, wenn Not am Mann (naja der Frau, hier muss ich dann doch noch gendern) war. Mein Dank gilt auch den Mit-Organisatoren, den Vortragenden und allen, die zum Gelingen beigetragen haben.

Cortinaruis terpsichores (1)

Insbesondere danke ich Christoph Hahn für die Auswahl der Gebiete und die fachliche Betreuung sowie Christoph Wamser, der die Betretungsgenehmigungen für die Naturschutzgebiete beantragte, auch sonst den Hauptteil der Organisation übernahm und sich darüber hinaus um einen reibungslosen Ablauf kümmerte. Ihr habt tolle Gebiete ausgewählt und dafür gesorgt, dass diese Tagung bestens im Gedächtnis bleibt.

Übersicht über die Exkursionsgebiete und Vorträge:

Donnerstag, 29.9.2022

Mühlkapelle an der Paar : Altarme der Paar, AUwaldreste, Offenland

Naturwaldreservat Schiederholz: an- bis niedermoorig, Schwarzerlen- Eschen-Sumpfwald

Feilnmoos und NSG Nöttinger Viehweide und Badertaferl: trockengelegtes Moor mit Baggerseen / Trockenrasen, Wachholderheide

Freitag, 30.9.2022

Naturschutzgebiet Finkenstein: mediterane Flora und Fauna, lichte Waldlandschaft, teilweise steil,

Naturwaldreservat Beixenhart: Waldgersten- und Orchideen-Buchenwald auf Kalk mit hohem Totholzanteil,

Naturschutzgebiet Trockenhänge bei Dollnstein: Halb- und Trockenrasen auf Kalk

Mycena haematopus (2)

Samstag, 1.10.2022

Fachvorträge:

Rudi Markones – Pilze aus dem Raum Würzburg

Stefan Zinke – Tintlinge (ein Überblick)

Dr. Christoph Hahn – Die Gattung Paxillus in Europa

Johann Rödel-Krainz – Pilzbestimmung per Computer

Werner Jurkeit – Die Gattung Russula, ein Rückblick auf 40 Jahre Forschung

Pilzberaterfortbildung: Erfahrungsaustausch, Tipps zur Pilzberaterpraxis

Sonntag, 2.10.2022

Auwälder bei Schloss Grünau: größtes zusammenhängendes Auwaldgebiet Mitteleuropas

Naturschutzgebiet Kreut: ehemaliger Standortübungsplatz der Bundeswehr, Feucht- und Trockenstandorte, Kalkbuchenwald

Naturschutzgebiet Kundinger Feld: Kalkmagerrasen sowie Magerrasen auf saurem Grund

Macrolepiota procera (3)

Hygrocybe spadicea (3)

Montag, 3.10.2022

Fahrt in ausgewählte Exkursionsgebiete

Copyright :

Bilder: Georg Dünzl (1), Renate Schöber (2), Johann Rödel-Krainz (3), (alle Rechte vorbehalten)