Pilze fristen in der Öffentlichkeit häufig ein Schattendasein. Die Bayerische Mykologische Gesellschaft rückt die Organismengruppe stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit und kämpft für ein positives Meinungsbild in der Bevölkerung.

Anders als Tiere und Pflanzen leben Pilze überwiegend im Verborgenen. Meist nur für kurze Zeit zeugen Fruchtkörper von der Existenz der sonst unscheinbaren Organismen. Trotzdem sind Pilze für den Naturkreislauf essenziell. Ohne sie würde die Welt im organischen Müll versinken: Durch den Abbau von Totholz, Laub und anderem Substrat mit Hilfe von Enzymen erschließen sie Nährstoffe für sich und andere Lebewesen. Ebenso wichtig ist ihre Bedeutung als Gesundheitspolizei im Ökosystem: Als Schwächeparasiten beseitigen sie kranke Tiere und Pflanzen.

Root-tip-Myzel des Amanita-Typs

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Darüber hinaus leben Pilze mit höheren Pflanzen in Symbiose: Während sie ihre Partner im Boden über die Feinwurzeln und das seidene Geflecht aus Pilzfäden mit Wasser und Nährsalzen versorgen, erhalten Pilze im Gegenzug lebensnotwendige Zuckerverbindungen, die sie mangels Blattgrün nicht selbst herstellen können. Überdies schützen sie ihre Partner vor Schädlingen, indem sie die Wurzeln ummanteln und so eine Barriere bilden. Jene Mykorrhizapilze bilden die Basis für vitale Wälder. Gerade in Bayern hat dieser Umstand eine enorme wirtschaftliche Bedeutung: Der Waldanteil beträgt hier mehr als ein Drittel der Landesfläche. Mit rund 200.000 Beschäftigten im Freistaat und einem Umsatz von etwa 31 Milliarden Euro im Jahr liegt der Sektor Forst und Holz noch vor der Metallindustrie. Zu diesem Ergebnis kam die Cluster-Studie Forst und Holz in Bayern 2008 der Bayerischen Staatsregierung.

Bitterer Kiefernzapfen-Nagelschwamm (Strobilurus tenacellus)

Foto: Andreas Staber

In der Landwirtschaft spielen Pilze u.a. für die Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln eine wichtige Rolle. So haben die deutschen Wissenschaftler Prof. Dr. Timm Anke und Prof. Dr. em. Wolfgang Steglich Ende der 70er Jahre im Bitteren Kiefernzapfen-Nagelschwamm (Strobilurus tenacellus) das Stoffwechselprodukt Strobilurin A entdeckt und dessen chemische Struktur aufgeklärt. Der kleine Blätterpilz zersetzt speziell Kiefernzapfen und produziert die Substanz, um Nahrungskonkurrenten abzuwehren. Der Stoff wirkt gegen die Sporenkeimung, indem er eine bestimmte Stufe der Zellatmung hemmt. Dadurch geht den Pilzkonkurrenten die Energie aus und sie sterben ab. Die ersten Fungizide basierend auf Strobilurinen kamen 1996 auf den Markt. Bereits 3 Jahre später wurden damit weltweit 600 Millionen Dollar umgesetzt, was einem Marktanteil von 10 Prozent entsprach. Mehr über Strobilurin in der Fachzeitschrift European Journal of Inorganic Chemistry

Ribbon-Diagramm von Plectasin, einem Defensin aus Pseudoplectania nigrella
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Auch für die Humanmedizin hält das Reich der Pilze nützliche Wirkstoffe parat. Bekanntestes Beispiel ist das Antibiotikum Penicillin. Der durch den britischen Mediziner und Nobelpreisträger Alexander Fleming im Jahr 1928 entdeckte Stoff wird aus dem SchimmelpilzPenicillium chrysogenumhergestellt und rettete seitdem vielen Menschen das Leben. Doch etliche Bakterienstämme sind inzwischen resistent oder rufen beim Patienten eine allergische Reaktion hervor. Für diejenigen steht mit Plectasin eine Alternative in den Startlöchern. Der Inhaltsstoff wurde durch das Forscher-Team um den Dänen Per Mygind aus dem Glänzenden Schwarzborstling (Pseudoplectania nigrella) isoliert. Das neue Antibiotikum zählt zur Gruppe der Defensine. Dabei handelt es sich um kleine, antibakteriell wirkende Eiweißmoleküle. Sie kommen beispielsweise auf der menschlichen Haut und in den weißen Blutkörperchen vor. Dort dienen sie als Infektionsschutz. Allerdings soll das Plectasin aus dem Schlauchpilz deutlich stärker wirken. Wissenschaftler versprechen sich von dem Medikament einen Durchbruch bei der Behandlung von Lugenentzündungen. Mehr über Plectasin in der Fachzeitschrift Nature.

Anhand dieser Beispiele wird deutlich, wie wichtig Pilze für uns Menschen sind. Deshalb will die Bayerische Mykologische Gesellschaft durch Pilzausstellungen, Vorträge und Pressearbeit die Bevölkerung aufklären und für die kaum beachteten Lebewesen interessieren.