Kartierungswochenende der BMG in Sankt Oswald, Nationalpark Bayerischer Wald, vom 29.-31.5.2015

Neben der großen, mehrtägigen Bayerischen Mykologischen Tagung inklusive Bustransfer zu den Sammelgebieten und abendlichen Vorträgen hat die BMG nun eine schon länger angedachte Idee verwirklicht: kurze Kartierungstreffen an einem Wochenende zu organisieren. Das allererste Kartierungstreffen fand vom 29-31. Mai 2015 in der Nationalparkgemeinde Sankt Oswald / Riedlhütte statt – genau genommen im Waldmuseum Sankt Oswald, welches uns dankenswerterweise von der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald zur Verfügung gestellt wurde.

Sankt Oswald ist für Mitglieder und Freunde der BMG kein unbekannter Ort – schließlich fand hier bereits im Jahr 2009 die 3. Bayerische mykologische Tagung statt. Und auch nächstes Jahr werden wir in Sankt Oswald anlässlich des zehnjährigen Tagungsjubiläums zusammenkommen. Beides sind Sommer-/Herbst-Termine, das Frühjahr wurde bislang nicht berücksichtigt. Für Freunde kleiner Ascomyzeten ist schließlich auch diese Zeit spannend. Und auch der eine oder andere „Großpilz“ soll ja schon mal im Frühling gesichtet worden sein.

Leider war im Jahr 2015 der Frühling im Bayerischen Wald ziemlich trocken, was keine sehr gute Voraussetzung für das Treffen war. Nichtsdestotrotz reisten Pilzfreunde vornehmlich aus Bayern und Baden-Württemberg, aber auch aus Oberösterreich und Vorarlberg am Freitagabend an. Nicht zu vergessen Trüffelhunde (mit offizieller, behördlicher Ausgrab- und Sammelgenehmigung)!

Dr. Claus Bässler stellte die aktuelle mykologische Forschung im Nationalpark ­Bayerischer Wald sowie die Untersuchungsflächen der nächsten zwei Tage vor. Es wurden parallel jeweils drei Exkursionen angeboten, damit möglichst viele Habi-tatstypen abgedeckt werden konnten. So beispielsweise das Hochmoor Großer Filz, sehr naturnahe Waldbestände am Lärchenberg oder Bachufervegetation am Reschbach. Von Offenland bis zum dichten Bestand, von Tal- bis Hochlage.

Obwohl der Nationalpark Bayerischer Wald auf eine intensive, jahrelange Kartierungsgeschichte zurückblicken kann (vergl. Bässler et al. 2011), gelangen sofort Neufunde für den Park – insbesondere unter den kleinen Becherlingen. Als Beispiel sei die Gattung Pyrenopeziza Fuck. herausgegriffen. Neu für den Park nachgewiesen wurden: Pyrenopeziza betulicola Fuckel – mehrfach an bodenfeuchten Stellen an liegenden Blättern der Hängebirke im Großen Filz nachgewiesen; Pyrenopeziza chamaenerii Nannf. (leg. / det. Österle) an Epilobium L. nahe der Racheldiensthütte an der Großen Ohe; Pyrenopeziza rubi (Fr.) Rehm (leg./det. Keck) – an abgestorbenen Himbeerranken im Reschbachtal. Da die genannten Arten nicht selten sind, ist leicht zu erkennen, dass bei den kleinen Ascomyzeten noch viel zu kartieren ist. Offenbar wird der Nationalpark auch von anderen Mykologen vornehmlich in der Hauptpilzsaison besucht.

Ein echtes Highlight dürfte der Fund von Lachnum callimorphum (P. Karst.) P. Karst. [= Dasyscyphus callimorphus (P. Karst.) Sacc.] an Juncus L. im Großen Filz sein (leg./det. Zurinski). Auf www.pilze-deutschland.de wird die Art nicht geführt, aus dem Nationalpark ist dieser kleine Becherling noch nicht bekannt gewesen.

Mit Camarographium stephensii (Berk. & Broome) Bubák gelang im Reschbachtal ein weiterer toller Fund und Erstnachweis für den Nationalpark (leg. Hahn / det. Keck). Dieser winzige Coelomyzet wächst an Farnstängeln und bildet dort kleine, schwarze lippenförmige Gehäuse aus. Diese wurden mit Verdacht auf Dangeardiella macrospora (J. Schroet.) Sac. & P. Syd. aufgesammelt, einem wunderschönen bitunikaten Ascomyzet, der bereits aus dem Nationalpark bekannt ist. Auf www.pilze-deutschland.de wird die Art nicht geführt!

Selbstredend wurden typische Nationalparkarten wie Phlebia centrifuga P. Karst. oder Phellinus viticola (Schwein.) Donk gefunden. Beide sind zwar bayernweit sehr bis extrem selten, aber im Nationalpark weit verbreitet, Phellinus viticola sogar ausgesprochen häufig. Interessant ist der Nachweis von Dacrymyces macnabbii D. A. Reid im Großen Filz an Pinus mugo – wieder ein Neufund für den Park – und dort gelang auch ein Wiederfund des lange nicht mehr nachgewiesenen, vornehmlich nordisch verbreiteten Phellinus lundellii Niemelä an Birke.

Peniophora piceae (Pers.) Erikss., eine im Nationalpark lange gesuchte, doch erst einmal nachgewiesene Art, wurde erneut nahe des Parkplatzes Sagwassersäge aufgesammelt (leg./det. Österle).

Lamellenpilze gab es auch, wenngleich nur wenige und zumeist häufige Arten. Neben diversen Helmlingen wurde der Bayerwaldmassenpilz Psathyrella tenuicola (P. Karst.) Örstadius & Huhtinen natürlich an Wildschweinlosung gefunden. Mit Clitocybe foetens Metrod, dem „Stinkenden Mehltrichterling“ gelang aber auch ein besonderer Fund. Die Art ist aus dem Gebiet aber bereits bekannt gewesen.

Auch Geastrum pectinatum Pers. (leg./det. Kevenhörster, Große Ohe nahe Racheldiensthütte) ist ein Neufund für den Park (und erst die zweite Geastrum-Art des Nationalparks).

Wie gut und genau gesammelt wurde, kann man beispielsweise daran erkennen, dass Stypella vermiformis (Berk. & Broome) D.A. Reid (leg./det. Görke) nachgewiesen wurde. Die Fruchtkörper sind nur ca. 1/10 mm große, durchsichtige, gallertige Halbkugeln, die zu einem unauffälligen, durchsichtigen Belag zusammenwachsen und vermutlich ziemlich häufig sind, aber gewöhnlich übersehen werden.

Ein Highlight noch zum Schluss – die Trüffelhunde wurden fündig (muss man jetzt leg/det. Gold schreiben oder nur det. Gold und bei leg. den Namen des Hundes eintragen?). Elaphomyces asperulus Vitt. ein Wiederfund dieser im Nationalpark verschollenen Art. Bei Hypogäen fällt es sehr schwer, die Häufigkeit abzuschätzen, aber auch mit Trüffelhunden scheint diese Art nur selten gefunden zu werden. Aus Bayern sind bislang nur zwei rezente Fundpunkte bekannt.

Insgesamt wurden um die 100 Pilzarten, darunter viele neu für den Nationalpark, aufgesammelt und studiert / bestimmt. Neben dem Finden interessanter Arten stand auch der fachliche Austausch im Mittelpunkt des Geschehens. Im Waldmuseum stand reichlich Platz für das gemeinsame Mikroskopieren zur Verfügung.

Möglich machte diese erfolgreiche Zusammenkunft die Nationalparkverwaltung ­Bayerischer Wald und das große Engagement von Dr. Claus Bässler, der nicht nur die Gebiete aussuchte und referierte, sondern auch Fahrgenehmigungen für die Teilnehmer ausstellte, selbst führte und jederzeit für Fachgespräche rund um die Mykologie im Nationalpark zur Verfügung stand. Gedankt sei ebenso allen Helfern und den Führern der Exkursionen, sowie den Teilnehmern für ihr Erscheinen, die Bestimmungsarbeit und das Liefern von Ergebnissen.

Christoph Hahn

Literatur:

Bässler C, Karasch P, Hahn C, Holzer H (2011): Die Arten im Nationalpark Bayerischer Wald – Pilze. In: Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald (Hrsg): Biologische Vielfalt im Nationalpark Bayerischer Wald. Sonderband der Wiss. Schriftenreihe des Nationalparks Bayer. Wald: 21-61