von Heinrich Holzer

Wir schreiben das Jahr 1986 – Ende April. Meldungen in den Medien künden Unheilvolles. Noch ahnt niemand, was da auf Millionen Menschen in Europa zukommt. Tage später die Gewissheit: so ziemlich alles, was in freier Natur wächst und lebt, ist in weiten Teilen hoch radioaktiv verstrahlt. Panik allerorten. Monatelang kursieren die wildesten Zahlen und Aussagen durch Gazetten, Radio und über Bildschirme. Das Pilzesammeln kommt von einem Tag auf den anderen zum Erliegen.

Nur langsam wagten sich im Laufe der Jahre die Pilzliebhaber wieder in die Wälder und Wiesen.

Jetzt, im Jahre 2015, gibt es immer noch Meldungen über belastete Pilze. Nur, es scheint der Mensch, im Speziellen die Spezies „Schwammerlsucher“, hat den Schock von damals überwunden. Ein Übriges schaffen Zahlen für den verträglichen Wildpilzverzehr, die durch mehr oder weniger autorisierte Organe publiziert werden. Sie wiegen die „Mykophagen“ in eine gewisse Sicherheit.

Längst ist die Pilzpirsch wieder zu einer willkommenen Freizeitaktivität geworden. Gerade für die „Nach-Tschernobyl-Generation“ ist die Pilzsuche eine hervorragende Möglichkeit, um sich in unserer belebten Natur zu bewegen. Wenn Kinder dabei sind – noch besser. Wenn das Ganze dabei unter Anleitung von Fachleuten und/oder einschlägigen Vereinen geschieht, wird der „Pilzler“ auch noch über das Wachsen, Werden und Vergehen in Wald und Flur in Staunen versetzt. Lerneffekt pur!

Heutzutage sind Wildpilze nicht mehr das „Fleisch des Waldes“, das zur Deckung des Eiweißbedarfs in der „schwierigen Zeit“ beigetragen hat. Das Zuchtpilzangebot bietet in mannigfacher Art und in großer Menge vielen eine ausgewogene „nichttierische“ Proteinversorgung. Die wildwachsenden Pilze dagegen sind zu begehrten kulinarischen Köstlichkeiten hochgestiegen, die in vielfältiger Form den Weg auf die Teller finden. Vielerorts erreichen importierte Edelwildpilze gehörige Preise. Manch einer erliegt daher der Verlockung, seine hochwertige, heimische Streifzugbeute zu versilbern. Der Ruf mancher Gastronomen verhallt nicht ungehört. Solange sich da ältere Mitbürger mit schmaler Rente ein paar Euros dazuverdienen, könnten die Vorgaben diverser Verordnungen und Gesetze wohlwollend gesehen werden.

Dem Pilzfreund, der in stiller Art und Weise seinem faszinierenden Hobby nachgeht, stört dies auch wenig. Dieser wird sich weitestgehend an die Vorgaben, die zugegebener Maßen nur vage gesetzlich definiert sind, halten. Dem Pilzfreund sei hier ans Herz gelegt, zur „Schwammerzeit“ die von den zuständigen Ämtern empfohlenen Grenzen nicht zu überschreiten. Die Höchstmenge liegt hier bei 2kg/Pers./Tag. Diese wird aber von den Bundesländern unterschiedlich festgelegt. Landratsämter veröffentlichen diese Hinweise immer rechtzeitig zur Saison. Die mykologischen Verbände informieren hierüber ebenso.

Seit Neuestem aber wird einer neuen Art der Pilzsuche Raum geschaffen. Pilzinteressierte werden auf Websites geworben, an geführter, zu bezahlender Pilzsuche teilzunehmen. Dazu werden diese dann in Gruppen in einträglichen Wäldern abgesetzt, um dort zu sammeln bis sich am Abend in den Unterkünften die Trockner unter der Last der Pilze biegen. Das Ganze wird dann als Veranstaltung zur „Pilzkunde“ verbrämt und um Hinweise auf Naturschutzbestimmungen ergänzt. Damit wird einer eventuellen Konfrontation mit Gesetzen aus dem Weg gegangen. Die Veranstalter solcher „Events“ besitzen natürlich alle Legitimationen, die bekannte Pilzgesellschaften, allerdings für andere Zusammenhänge, ausstellen.

Eine zweite, äußerst unschöne Art der Pilzsuche ist die durch organisierte Suchtrupps, die rein kommerziell agieren. Die Meldungen darüber häufen sich. In Bayern wurden bis dato keine Genehmigungen zur kommerziellen Pilzsuche ausgestellt. Folglich sind diese Unternehmungen als Ordnungswidrigkeiten, evtl. sogar als Straftaten, zu bewerten. Lediglich zu wissenschaftlichen Zwecken werden Aufsammlungen genehmigt.

Liebe Pilzfreunde!
Pilze sammeln
für ein kulinarisches Highlight,
in Maßen zum Vorrat,
mit euren Kindern,
um „draußen“ zu sein,
als Hobby,
alles ok,
als Mittel zu Zwecken von Geschäften
NEIN!

Unser „Blauer Planet“ lebt von und überlebt nur mit diesen fundamentalen Alleskönnern!

Rabenstein, im Februar 2015